Glyphosat-Verbot in Büdingen?

Das Thema Glyhphosat ist derzeit in aller Munde, und die SPD Büdingen springt nun auch auf diesen Zug auf mit dem Antrag, dass auf den städtischen Grundstücken – sowohl den kommunalen als auch den landwirtschaftlichen – keine glyphosathaltigen MIttel mehr eingesetzt werden sollen. Anlass ist die Wiederzulassung des Wirkstoffes für weitere 5 Jahre durch die EU. Die lange Diskussion um die Zulassungsverlängerung wurde damit fachlich entschieden. Mitbeschlossen wurden auch einige neue Anwendungsbeschränkungen, um die negativen Auswirkungen der Anwendung auf die Artenvielfalt zu mindern.

Worum handelt es sich bei Glyphosat überhaupt?
Glyphosat ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phosphonate. Es ist die biologisch wirksame Hauptkomponente einiger Breitbandherbizide und wird von über 40 Herstellern unter verschiedenen Produktnamen und in diversen Formulierungen vertrieben.
Es ist verhältnismäßig gering giftig (vgl. Stoffddatenbank des Instituts für Arbeitsschutz u. a.) und schnell abbaubar. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat ebenso wie die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) und viele weitere Institutionen auf europäischer Ebene und in unseren Nachbarländern die Nutzung von Glyphosat entsprechend der Anwendungsbestimmungen als unbedenklich für die Gesundheit der Verbraucher festgestellt. Die von der SPD angesprochene Einstufung als „möglicherweise krebserregend“ stammt von der WHO und bezieht sich nicht auf das Risiko für die Verbraucher, sondern auf die Gefahr durch direkten Kontakt mit der Substanz in Reinform. Hier wird eher auf den Schutz der Anwender gezielt bzw. auf Regionen wie Südamerika, wo Glyphosat in beträchtlichen Mengen (ca. 20 kg je Hektar und Jahr) per Flugzeug ausgebracht wird. Dort ergibt sich eine erhebliche Belastung der Bevölkerung, weil die Zielgenauigkeit natürlich viel schlechter ist und ein Anwenderschutz oft nicht existiert.
Davon kann bei unseren Anwendungen im kommunalen und landwirtschaftlichen Bereich allerdings keine Rede sein.

Zunächst zu den kommunal genutzten Flächen. Hierzu zählen Plätze, Wege, Grünanlagen, Friedhöfe etc. Seit 2015 ist der Einsatz von Glyphosat auf diesen Flächen bereits nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung möglich. Ab dem 1.7.2018 sollen für die Kommunen keine Ausnahmegenehmigungen mehr erteilt werden. Ausgenommen davon ist aber z. B. die Bahn (Freihalten der Gleisanlagen) sowie der Denkmalschutz.

Der Büdinger Bauhof sowie die mit Pflege und Bearbeitung der kommunalen Flächen beauftragten Firmen weichen deshalb auf andere Verfahren aus. Dazu zählen thermische oder mechanische Unkrautbekämpfung sowie der Einsatz anderer Herbizide, meist auf Basis von Perlargonsäure. Diese ist übrigens vergleichbar in der Giftigkeit wie Glyphosat (beide liegen bei der LD50 bei ca. 5000 mg/kg Lebendgewicht bei Ratten).

Auf landwirtschaftlichen Flächen werden glyphosathaltige Herbizide weltweit zu folgenden Zwecken eingesetzt:
Nach der Getreideernte auf den Stoppeläckern zur Bekämpfung des Ausfallgetreides, vor allem bei pflugloser Bodenbearbeitung bzw. Mulchsaat. Dieses Verfahren ist besonders schonend für die Bodenstruktur und die Bodenlebewesen.
Beim Anbau von Zwischenfrüchten, wenn diese nicht durch genügend Frost im Winter abfrieren, sondern weiterwachsen. Der Anbau von Zwischenfrüchten wird stark gefordert und gefördert, weil diese Zwischenfrüchte die Nährstoffe (vor allem Stickstoff in Form von Nitrat) binden und somit die Verlagerung ins Grundwasser verhindern.
Zur Ernteerleichterung („Sikkation“). Diese Form der Anwendung ist in DE heute schon verboten bzw. nur nach Ausnahmegenehmigung möglich, wobei die so geernteten Feldfrüchte nicht zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden dürfen.
Zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen mit Glyphosat-Resistenz. In Deutschland komplett verboten, in der EU besteht ein Moratorium.

Glyphosat wird also bei uns nicht zur Ernteerleichterung eingesetzt. Es gehört nicht auf Feldränder oder befestigte Flächen. Es hat aber seine Berechtigung bei der reduzierten Bodenbearbeitung, denn es kann eine wendende Bodenbearbeitung durch den Pflug ersetzen, was dem Bodenleben dient und außerdem die Verlagerung von Nitrat ins Grundwasser bremst. Es ist damit ein Beitrag zum Erosions- und Wasserschutz.

In Bezug auf die grünen Pflanzen wirkt Glyphosat ähnlich wie das Pflügen – in beiden Fällen hat man danach einen „reinen Tisch“. Dieser „reine Tisch“ wird für den Ackerbau in sämtlichen Anbausystemen benötigt, denn die Nutzpflanzen wie z. B. Weizen brauchen für einen guten Ertrag eine konkurrenzarme Umgebung.
Ackerbau an sich sorgt deshalb immer für eine Reduzierung der Biodiversität. Ebenso wie Verkehr und vor allem Versiegelung von Flächen für Baugebiete und Infrastruktur.
Gegen den Verlust von Biodiversität aufgrund von Ackerbau werden bereits verschiedene Maßnahmen umgesetzt. So fordert die EU das „Greening“ in Höhe von mindestens 5 % der Ackerflächen. Das Land Hessen fördert die Anlage von Blühstreifen und Extensivierungsmaßnahmen, sodass Landwirte hier freiwillig einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten.

Für die Landwirte ist es im Ackerbau wichtig, dass Glyphosat als Wirkstoff weiterhin zur Verfügung steht. Es wird nicht standardmäßig und andauernd verwendet, sondern meist im Rahmen der Fruchtfolge und somit einmal in 2-3 Jahren. Die ausgebrachten Wirkstoffmengen liegen deshalb bei ca. 2 kg pro Hektar in 3 Jahren, entsprechend knapp 700 g pro Hektar und Jahr. Die Landwirte in Deutschland verfügen über präzise Technik zur Ausbringung und können so gewährleisten, dass der Wirkstoff wirklich nur dort landet, wo er hin soll – auf die grünen Pflanzen.
Eine Gefahr für die Bevölkerung besteht nach den Untersuchungen des BfR nicht.

Es gibt deshalb keinen Grund, den Landwirten als Pächtern der städtischen Flächen die bestimmungsgemäße Anwendung eines zugelassenen Herbizids zu verbieten. Der Antrag der SPD ist abzulehnen.